Blumenau Brasilien deutsche Kolonie

Drei Stunden vom Ferienparadies Ilha Santa Catarina bei Florianópolis entfernt, im gleichnamigen brasilianischen Bundesstaat im Süden des Landes, nur etwa 50km vom Atlantischen Ozean entfernt, liegen zwei Orte, die da irgendwie gar nicht so richtig hineinpassen wollen. Jedenfalls ihrem Namen nach nicht. Die Rede ist von Blumenau und Pomerode in Brasilien. Die Umgebung ist von subtropischer Vegetation geprägt, die Landschaft ist saftig grün, es wachsen Palmen hier und die Luftfeuchtigkeit im Sommer ist hoch.

Von Florianópolis aus gelangt man zuerst nach Blumenau. Der Busbahnhof liegt vor den Toren der Stadt. Nähert man sich dann dem Zentrum, fühlt man sich mit jedem Meter heimischer. Die Straßen tragen plötzlich Namen wie Rua Paul Hering, Avenida Martin Luther, Rua Paulo Zimmermann oder Rua Reinhold Gaertner. Die Häuser sind im Fachwerkstil und mit Backsteinen gebaut und an der Uferpromenade wachsen Astern auf den Grünflächen. Aber was irgendwie nicht so ganz ins Bild passt, sind die Palmen, das feuchtwarme Klima im Sommer und die Sprache, die man heute auf den Straßen hört: Portugiesisch. Doch der Rest überzeugt.

Blumenau in Brasilien wurde 1850 unter Leitung des Apothekers Hermann Blumenau gegründet. Weitere deutsche Zentren sind heute noch Joinville und Brusque (dt. Preußen). Blumenau wurde ausschließlich von deutschen Einwanderern gegründet und Deutsch war auch in den ersten hundert Jahren noch die vorherrschende Sprache hier. Nach und nach kamen jedoch weitere europäische Einwanderer aus anderen Ländern und somit wurde neben Deutsch auch Italienisch und Polnisch gesprochen.

Paul Hering-Straße in Blumenau - Brasilien

Als wir in Blumenau ankamen, hatten wir natürlich Hunger. Es war schon Nachmittagszeit. Also steuerten wir direkt eines der deutschen Lokale an. Klar müssen wir probieren, wie die deutsche Küche in der Ferne und nach so vielen Jahren der Weitergabe der Rezepte von Generation zu Generation so schmeckt. Im Hotel Gloria soll es für 25 Reais (etwa 10 EUR) ein Kuchenbuffet geben, das mittlerweile durch viele warme Speisen erweitert wurde, das Cafe Colonial. Das klingt gut! Die Einrichtung ließ uns zuerst aller erst in die deutsche Welt abtauchen. Alles, bis auf die Kronleuchter, wirkte wirklich deutsch. Das Buffet war reichhaltig gedeckt und bot alles an Speisen, was man sich so vorstellen kann. Da gab es Wurstaufschnitt, Brot, Dessertspeisen, Obstsalat, unzählig verschiedene Kuchensorten, Nudelauflauf, Kartoffelauflauf und andere Warmspeisen dazu gab es Säfte, Kaffee und Tee von Dr. Oetker – allerdings in Verpackung für den brasilianischen Markt. Wir probierten uns durch das ganze Buffet bis wir dem Platzen nahe waren. Es war köstlich. Unser Fazit: ja, für mehr als 10000km Entfernung von der Heimat, ist dieses Buffet sicher ein tolles deutsches Erlebnis, wenngleich manche Speisen auch recht kreolisch waren. Flyer auf den Tischen machten auf die nächsten Feierlichkeiten in Pomerode aufmerksam. In Pomerode wird jedes Jahr ein Oktoberfest gefeiert, das den Bildern nach wirklich authentisch wirkt!

deutsches Fachwerk in Blumenau, Brasilien

überall sieht man Fachwerk

Haus Moellemann, Blumenau, Brasilien

Haus Moellemann – Rathaus Michelstadt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beim Bezahlen an der Theke fielen uns dann die auffallend vielen Blondinen und sehr europäisch wirkenden Gesichter auf. Ja, man kann nicht leugnen, dass diese Menschen deutsche Vorfahren haben.

Blumenau Brasilien Zentrum

Blumenau Zentrum

Danach führte uns der Weg direkt ins Zentrum der Stadt. Es gibt ein Museum, in dem man alles über die Gründung und die ersten Siedler erfahren kann. Überall erinnern Skulpturen und Denkmäler an die ersten Siedler und tragen so dazu bei, die Gründungsgeschichte der Stadt zu erzählen. Durch die Innenstadt führt ein Leitsystem mit Tafeln und Erklärungen – typisch deutsch! 🙂 …aber natürlich sehr hilfreich. Die größte Attraktion hier unter den Fachwerkfassaden ist das Haus Moellmann, eine überdimensionale naturgetreue Nachbildung des Rathauses in Michelstadt im Odenwald.

Aber wir hatten bis dahin immer noch keinen einzigen Menschen Deutsch sprechen hören. Eine leichte Enttäuschung machte sich unter uns breit. Es war schon spät und wir mussten unsere Rückfahrt antreten. An der Bushaltestelle setzten wir uns auf eine Bank, um den nächsten Bus abzuwarten, als uns auf einmal eine Frau ansprach, die neben uns saß und uns offensichtlich hat sprechen hören. „Seid ihr Deutsche?“ – „Ja“, sagten wir und gleich zauberte sie ein Lächeln in unsere Gesichter. „Ah, wie schön. Woher kommt ihr? Macht ihr hier Urlaub?“ Da hatten wir sie endlich gefunden, die Frau, die uns den Tag versüßte! Wir fragten nicht nach ihrem Namen, aber sie erzählte uns, dass sie Deutsch noch von ihren Eltern gelernt hatte, aber ihr Mann Brasilianer sei, der leider kein Deutsch spricht und sie so nur noch wenig Gelegenheit hat, die Sprache aufrechtzuerhalten. Sie sprach in einem seltsamen Deutsch, das irgendwie recht eigensinnig und altertümlich klang. Aber klar, wenn eine Sprache sich so losgelöst von der Wiege ihrer Entstehung allein weiterentwickelt, geht sie natürlich einen anderen Weg. Jedenfalls hatten wir es geschafft, eine echte Blumenauerin, Nachfahrin der ersten Einwanderer zu treffen. Unser Tag in der deutschen Kolonie war perfekt.

Blumenau, Brasilien

Blumenau in Brasilien – unglaublich!

Blumenau, Brasilien

Was nicht ins Bild passt: die Palmen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Exotischste, was wir hier jedoch für unsere Begriffe gesehen haben, waren diese Tierchen, die sich immer mal einzeln verstreut am Uferrand in der Sonne aalten. Wir konnten aus der Ferne nicht erkennen, was es war und auch erst nachdem wir unsere digitalen Fotos am Bildschirm vergrößern konnten und nach etlichen Recherchen im Internet fanden wir heraus, dass es sich dabei um ein Capybara, zu gut Deutsch, ein Wasserschwein handelte. Und wir dachten, es wäre ein übergroßer Biber.

Capybara - Wasserwolf

und noch ein Wasserwolf

Capybara - Wasserwolf

Capybara – Wasserwolf

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Comments

  • Karl-Heinz Brenner Antworten

    Etwa 1890 bis 1910 wanderte ein Onkel, Bruder von der Mutter meiner Mutter:
    Ottilie geb. Feld Meyer am 27.10.22 aus 14a Flochberg, + 01.04.2005
    Josef (?) Hinterreiter jung nach Brasilien aus mit anderen Deutschen.
    Meine Mutter nannte in meiner sehr vagen Erinnerung aus etwa 1960 (ich war im Mai 6 Jahre alt):
    Blumenau als Ziel.
    Ob es der Ort war, an dem er ankam oder lebte, weiss niemand.
    Ob er überhaupt ankam dort, weiss auch niemand leider.
    Ob er Nachfahren in Brasilien hat – oder einem anderen suedamerikan. Staat –
    weiss auch niemand.

    Ein Versuch der Ahnenforschung vor etwa 6 Jahren brachte kurz einen Kontakt zustande
    mit einer Angestellten des Rathauses, der weiter leider unbeantwortet blieb bis Heute.

    Wenn jemand aus Deutschland aktiv Kontakt nach Südamerika / Blumenau hat:
    Bitte fragt nach einem Hinterreiter, der eventuell auch aus Hamburg abgereist ist.
    Wo lebte er, hat er Nachkommen?

    Meine Mutter lebte in Flochberg, und ist – wie ihre Mutter und Vater – dort beerdigt 2005.

    Gen-Nachfahren gibt es nur noch einen Bruder geb. Juni 1957, mich geb. Mai 1954, und meine Tochter geb. Mai 1988.

    Danke!

    Karl-Heinz Brenner

    Augsburger Strasse 185
    70327 Stuttgart
    049-711333055
    049-1624529117
    Brenner Stuttgart@googlemail.com

  • Dr.Hans Walz Antworten

    Hallo, Blumenau,

    wir, mein Mann und ich fahren mit unserem alten Wohnmobil im Herbst in die ehemalige Partnerstadt von unserer Gemeinde Hasselfelde.
    Wir freuen uns schon sehr auf diese Reise und hoffen, daß wir deutschsprechende Brasilianer finden können und einen ordentlichen Schwatz machen können. Wir sind gespannt..!!!
    Viele Grüße
    Dr. Hans und Sigrid Walz aus Stiege im schönen Harz

  • Dr.Hans Walz Antworten

    Hallo, liebe Blumenauer,
    wir beide Alten Urgesteiner kommen im Herbst Winter nach Blumenau und hoffen, daß wir einen schönen deutschen Schwatz machen können. Wir kommen aus dem Harz, wo eigentlich Euer Ureinwohner , das heißt Gründer herstammt.
    Viele Grüße
    Dr.Hans und Sigrid Walz aus Stiege

  • G. Dinklage Antworten

    Sehr geehrtes Ehepaar Walz,
    Da ich beabsichtige, in diesem Herbst Blumenau zu besuchen, würde ich mich freuen, wenn wir einmal über ihre Erfahrungen, die Sie in Blumenau gemacht haben, sprechen könnten.
    Können Sie mir evtl. Tipps bzgl. Unterbringung etc. geben?
    Mit freundlichem Gruß Gunda Dinklage

  • Martin Fink Antworten

    Liebe Blumenauer,
    bin ungefähr 10 Jahre mit einer Brasilianerin zusammen. Unsere Tochter ist 8 Jahre, wir sind schon älter. Wir wohnen in der Nähe von Frankfurt in Bad Nauheim.
    Gerne suchen wir Kontakt mit deutsch sprechenden Brasilianern. Wenn es sich ergeben sollte, denke ich auch an Auswanderung. Meine Frau weiß davon im Moment noch nichts.
    Ich bin neugierig. Meldet Euch bitte.
    Liebe Grüße

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